TC Wanderlust 1896 Dresden
 Ein Club mit Tradition

Großglockner (3798m)        15.07.-19.07.2024

Ein Bericht von Knut


Auf der Adlersruhe in der Erzherzog Johann Hütte (3454m) werde ich von der netten Hüttenbedienung am Abend gefragt, ob es uns hier gefallen würde. „Es ist immer wieder schön hier oben“, ist meine Antwort. „Ich bin jetzt zum dritten Mal bei Euch.“ Ja dann muß es Dir ja hier gefallen, war ihre Antwort. „So ganz freiwillig bin ich aber nicht zum dritten Mal hier oben. Es ist mein dritter Anlauf, den höchsten Berg von Österreich zu besteigen.“ Dann wünsche ich euch für morgen viel Glück, antwortet sie mir.
Sicher war Sie eine Glücksfee, denn den Gipfel konnten wir am nächsten Tag erreichen.
Doch die Geschichte beginnt schon viel früher. Bereits 1986 war ich mit meiner Familie in den beiden „Glocknerdörfern“ Kals und Heiligenblut. Wir machten kleine Wanderung im Angesicht dieses wirklich schönen Berges. Die Gletscher, vor allem die Pasterze, waren damals wesentlich mächtiger, sowie auch die Schneeflächen. Das Glocknerleitl und die Pallavicinirinne waren im August durchgängige Schnee- bzw. Eisrinnen. In den folgenden Jahren war ich dann regelmäßig in der Gegend, startete aber keinen Besteigungsversuch.
Erst 2015 ging ich mit Clubfreunden das Ziel an. Über die Salmhütte stiegen wir zur Adlersruhe hoch. Damals gingen von unserer kleinen Gruppe nur zwei Bergfreunde zum Gipfel. Sieben Jahre später folgt der nächste Versuch. Wieder über die Salmhütte, steigen wir zur höchsten Hütte von Österreich. Mir ging es gar nicht gut dabei. Iris und Thomas hatten es etwas besser erwischt. Also wieder Abbruch. Nach einer Nacht auf der Adlersruhe folgte der Abstieg über die Salmhütte zum Glocknerhaus. Dort erkannten wir das Übel. Wir drei hatten Corona.
Dieses Jahr und mit dem dritten Versuch sollte es nun endlich einmal gelingen. Erzwingen kann man an einem Berg sowieso nichts.
Thomas und ich starten am Montag von München aus und fahren über Kufstein, Kitzbühel, den Felbertauerntunnel und Matrei nach Kals. Am Lucknerhaus (1920m) parken wir unser Auto. Der Aufstieg bis zur Lucknerhütte dauert nur knapp eine Stunde. Es ist aber sehr heiß und mühsam, denn wir sind noch nicht richtig eingelaufen. Wir beziehen ein 4-Bettzimmer, in dem wir die nächsten zwei Nächte alleine sind. Alle Übernachtungen hatte ich mit Halbpension vorbestellt, so dass wir am Abend reichlich zu essen bekommen.
Da die Adlersruhe erst für die nächste Nacht bestellt ist, nutzen wir den Dienstag für einen Besuch der Stüdlhütte. Sie liegt auf 2801m Höhe und nicht direkt an unserer morgigen Aufstiegsroute. Relativ schnell sind wir an der Hütte angekommen und gönnen uns ein Bier. Beim Servieren fragt die Bedienung, ob unsere Bergsteigersektion „Bergtrinken“ heißen würde? Er hatte das Bergfinkenlogo auf Thomas seiner Jacke falsch gelesen.
Nach einem Bier gehen dann die Mitglieder der Sektion „Bergtrinken“ weiter Richtung Glorer Hütte. Wir kommen an eine Weggabelung, wo der Mürztaler Steig abzweigt.
Na ja, das ist also der Aufstiegsweg für morgen.
Heute starten wir gegen halb acht Uhr von der Lucknerhütte aus. Die erste Wegstunde ist uns vom vorhergehenden Tag noch gut in Erinnerung. Von der Weggabelung aus steigen wir über Moränenschotter, immer unterhalb eines großen Felskammes, bis zum ersten Schnee. An der Übergangszone von Schnee zum Schotter gelangen wir seilfrei bis zum seilversicherten Einstieg des Mürztaler Steiges. Da dieser Zustieg nicht über einen Gletscher mit möglichen Spalten führt, wurde dieser Zustieg von den ersten Hüttenerbauern genutzt. Bis zu drei Mal am Tage waren die Männer mit ihrer schweren Last hier hochgestiegen. Respekt! Eine Materialseilbahn wurde erst um 1926 gebaut.
Der Steig ist teilweise mit einem durchgehenden Stahlseil und vielen Holzstufen, die sogenannte Hühnerleiter, bestens ausgebaut. Wir gehen die ganze Sache gemütlich an und stehen doch schon vier Stunden nach Aufbruch von der Lucknerhütte vor der Erzherzog Johann Hütte. Zum Mittag genehmigen wir uns zusammen eine Suppe und verbringen einen gemütlichen Nachmittag. Abends gibt es dann wieder HP.
Gegen zwei Uhr dürfen die Lager bezogen werden. Zu diesem Zeitpunkt starten auch noch paar Leute zum Gipfel. Für den Abend sind Gewitter angesagt und mit den ersten Regentropfen schaffen sie es auch rechtzeitig zur Hütte zurück. Für mich war das etwas unverständlich, da sie vor ihrem Aufbruch mindestens eineinhalb Stunden gegenüber von unserem Tisch gesessen sind. Das richtige Gewitter kommt dann erst gegen neun Uhr am Abend und man glaubt fast, dass es morgen wieder nichts wird. Wir vertrauen aber voll auf unsere positive Wettervorhersage.
In unserem Lager, welches ca. mit 20 Personen belegt ist, starten kurz vor fünf Uhr die ersten Aufstehversuche. Frühstück gibt es sowieso erst ab fünf Uhr und so bleiben wir noch etwas liegen. Nach dem Frühstück machen wir uns fertig und gehen los. Es muss bereits nach sechs Uhr sein. Erst über Schotter und später über Schnee, nur wenig Eis ist in der Spur, erreichen wir die Felsen am Glocknerleitl. Hier lassen wir die Pickel und Stöcke zurück.
Durch die Bergführer sind ab hier zwei Aufstiegslinien mit Schweizer Seilen eingerichtet worden. Damit kann man die schneearme Rinne umgehen. Weiter oben kommen allerdings paar Meter in weichem Schnee. Im gesamten Wegverlauf befinden sich dann Sicherungsösen bzw. Stahlbügel.
Am Sattel vom Glocknerleitl legen wir die Steigeisen ab. Nun geht es über wunderschöne feste und trockene Felsplatten zum Kleinglockner hoch. Es sind in regelmäßigen Abständen Stahlstangen in den Felsen gesetzt, die wir als Sicherung verwenden, indem man einfach einmal herumgeht.
Die ersten Seilschaften kommen uns entgegen und das Warten bzw. Ausweichen funktioniert bestens. In der Scharte zwischen den beiden Gipfeln, man steht direkt am Ausstieg der Pallavicinirinne, gibt es etwas Stau. Hier könnten die Wegebauer noch zwei oder drei Sicherungsösen setzen, um die Lage bei Hochbetrieb zu entspannen.
Die letzten Meter zum Gipfel ist eine Kletterei in bestem Felsen mit Schwierigkeit II.
Wir erreichen den Gipfel des Großglockners und es sind nur zwei Führerseilschaften oben. Das ist sehr angenehm und es ist ruhig.
Einige Minuten später kommen fünf polnische Bergsteiger hoch und mit der Ruhe ist es vorbei. Die Handys klingeln und piepsen bei jedem Like von ihren bescheuerten Gipfel-fotos, die sofort weltweit verteilt werden müssen. Andere Nationalitäten sind da aber auch nicht anders. Wir bleiben wegen diesen unruhigen Zeitgenossen nicht länger auf dem Gipfel und beginnen abzusteigen.
Im Abstieg sichern wir paar Stellen mehr, da auch der Betrieb zugenommen hat. Man muss immer damit rechnen, dass ein Fremder in dein Seil fällt oder Stein losgetreten werden. Die polnischen Bergsteiger haben mich da nicht enttäuscht. Zumindest habe sie gerufen, dass Steine oder Eisstücken kommen.
Nachdem wir zügig über das Glocknerleitl absteigen können und dann über paar Meter steilen Schnee bald die Steine erreichen, ist es bis zur Adlersruhe nur wenige Minuten. Hier trinken wir erst mal einen „Gipfelkaffee“, kein „Gipfelbier“, denn unsere Bergfahrt ist noch nicht zu Ende. Vom Hüttenwirt bekomme ich noch ein Schnäpsle gratis, als Bremsflüssigkeit, sagt er.
Wir steigen nach dem Verlassen der Hütte ein Stück den seilversicherten Mürztaler Steig ab. An einem Schneefeld seilen wir uns an und gehen in einem weiten Linksbogen über den Ködnitzkees. Den Anfang der großen Gletscherspalte, welche im mittleren Teil des Abstieges verdeckt verläuft, können wir weiter rechts sehr gut sehen. Dieser Hinweis von mir genügt unseren polnischen Mitstreitern, sich doch auch noch anzuseilen.
Nach ca. 30 Minuten geht nach links eine Spur über den Gletscher. Dieser folgen wir weiterhin angeseilt, da es auch hier Spalten geben soll. Mit dem Erreichen der Seitenmoränen können wir unsere Ausrüstung ablegen. Wir packen auch das neue blaue Halbseil meines verstorbenen Bergfreundes Hartl ein, welches uns sicher begleitet hat.
Dann machen wir eine kleine Rast und steigen zur Lucknerhütte ab. Hier gönnen wir uns nun endlich das Gipfelbier.
Am Freitagmorgen haben wir nur noch einen kleinen Abstieg vor uns. 300Hm geht es abwärts zu unserem Auto. Die reichen aber aus, dass ich an zwei Zehen kleine Blasen bekomme, weil bei meinen „hight-tech-super-Wandersocken“ die Naht genau über den Zehengelenken verläuft. Ist mir früher mit den handgestrickten Schafswollsocken von Großmutter nie passiert.
Auf der Rückfahrt kommen wir an einem sehr langen Stau vorbei, der von München Holzkirchen bis zum Inntaldreieck geht. Zum Glück ist das unsere Gegenrichtung.
Doch zu früh gefreut, auf dem Ring in München stehen wir dann auch im Stau. Es ist Freitag und Urlaubszeit. Die Rückfahrt dauert über vier Stunden.
Für Thomas und mich geht so eine anstrengende, erlebnisreiche und erfolgreiche Woche zu Ende, die uns viel Spaß gemacht hat und uns lange in Erinnerung bleiben wird.

Berg Heil!      

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